Es gibt ziemlich viele Fantasy Subgenres und jedes von ihnen hat unzählige Definitionen. Eines, auf das das nicht zutrifft, ist der Fantasy-Krimi. Im Englischen gibt es Crime Fantasy oder Fantasy Crime (Nicht zu verwechseln mit dem Terminus, der Verbrechen in der virtuellen Realität bezeichnet) oder auch Fantasy Mystery, ist aber als Genrebezeichnung eher ungebräuchlich. Meistens liest man “Occult Detective Stories.
Das liegt vielleicht daran, dass wir viele der Fantasy-Krimis direkt als Urban Fantasy identifizieren, denn viele von ihnen spielen im städtischen Raum und Detektive spielen eine Hauptrolle. Dabei umfasst Urban Fantasy sehr viel mehr als Kriminalgeschichten mit phantastischen Elementen. Und ein Fantasy-Krimi ist eigentlich sehr leicht zu definieren, denn wie ein Krimi muss in seinem Zentrum die Aufklärung eines Verbrechens stehen. Nur, dass es mal mehr, mal weniger Fantasy-Elemente gibt, die oftmals dazu beitragen, den Fall aufzuklären oder direkt dazu benutzt wurden, das Verbrechen zu begehen.
Die Ursprünge des Fantasy-Krimi
Die Kombination vom Fantastischen und Kriminalerzählungen ist praktisch so alt wie das Geschichten erzählen selbst. Bereits im antiken Griechenland gab es Verbrechen, die magisch begangen oder aufgeklärt wurden. Die Furien wirken als eine Art göttliche Eingreiftruppe, um Verbrechen zu sühnen.
Die mit dem Hugo-Preis ausgezeichnete Kritikerin und Verlegerin Cheryl Morgan ist der Meinung, dass Krimi und Fantasy schon länger untrennbar miteinander verbunden sind, als es literarische Gattungen gibt: "Ich glaube, wir haben schon immer Geheimnisse und das Übernatürliche miteinander verbunden. In der Antike war die Befragung von Toten oft ein beliebtes Mittel, um an Informationen zu gelangen, die den Lebenden normalerweise nicht zugänglich sind. Als Macbeth König Duncan töten will, wendet er sich an die Hexen, und als er Banquo töten lässt, kehrt dessen Geist zurück, um ihn heimzusuchen."
Der erste fiktive okkulte Detektiv war vermutlich Dr. Martin Hesselius, von dem fünf Fälle in Sheridan Le Fanus Kurzgeschichtensammlung Glass Darkly (1872) zu finden sind. Die nächste prominente Figur in dieser Tradition war Dr. Abraham Van Helsing aus Bram Stokers Dracula (1897), dicht gefolgt von E. und H. Herons Flaxman Low, der in einer Reihe von Geschichten im Pearson's Magazine (1898-99) vorgestellt wurde; Algernon Blackwoods Dr. John Silence und William Hope Hodgsons Carnacki, the Ghost Finder. Andere übernatürliche Detektive in der Belletristik des späten neunzehnten Jahrhunderts sind Aylmer Vance von Alice & Claude Askew und Norton Vyse von Champion de Crespigny. Die Okkultistin Dion Fortune leistete ihren Beitrag zum Genre mit The Secrets of Dr. Taverner (1926), den übersinnlichen Abenteuern des Holmes-ähnlichen Taverner, die von seinem Assistenten Dr. Rhodes erzählt wurden.
Die Zahl der “okkulten” Detektive ist also sehr lang und wird noch immer weiter fortgesetzt. Theoretisch gehören auch Fernsehserien wie Akte X zur Occult Detective Story.
Der fantastische Hardboiled Detective
Im Englischen wird häufig unterschieden zwischen der Occult Detective Story, die als Subgenre des Krimis gilt, und Speculative Crime and Thriller Fiction, die dann das entsprechende Subgenre der Phantastik ist und direkt Fantasy und Science-Fiction umfasst. In Deutschland scheint der Fantasy Krimi nicht sehr populär zu sein, denn er findet sehr selten Erwähnung und man muss betreffende Werke in den Regalen suchen. Wobei zwei sehr bekannte Urban Fantasy Reihen eigentlich der Occult Detective Story zugeschrieben werden können: Die Peter Grant Reihe von Ben Aaronovitch sowie die Dresden Files von Jim Butcher. Beide Serien stellen ihre Hardboiled Detectives in den Mittelpunkt, die so wie sie sind direkt den Noir und Hardboiled Romanen der 50er entstiegen sein könnten. Nur, dass ihre Fälle sehr oft mit dem Unerklärbaren zu tun haben und auch ihre Weggefährten oder sie selbst magische Fertigkeiten aufweisen.
Muss es immer Urban Fantasy sein?
Kann somit der Fantasy-Krimi mit Urban Fantasy gleichgesetzt werden? Nein, denn das würde keinem der beiden Genres gerecht. Und die Kriminalgeschichten in der Urban Fantasy sind meist schon eher Fantasy Noir mit ihren gritty Detectives und benutzen auch sonst einige der Tropes, die Noir-Romane benutzen. Dazu gehört zum Beispiel erhöhte Gewalt, eine düstere Grundstimmung, die schon am Wetter erkennbar ist, aber besonders die Stadt als eigener Charakter. Denn in vielen Urban Fantasy Krimis wird die Stadt selbst zur Hauptfigur und das fantastische Worldbuilding bezieht sich auf das Stadtgeflecht, durch das Detektive und Verbrecher turnen. Fantasy Noir scheint demnach populärer zu sein oder zumindest eher greifbar als der Fantasy-Krimi.
Aber gibt es nur diese eher düsteren Krimi-Varianten in der Fantasy? In der normalen Kriminalliteratur gibt es immerhin auch unzählige Krimis, die einfache “Whodunnit” darstellen, oft amüsant und nicht so schwere Kost wie Noir, Thriller und der Blick in den Abgrund der Menschheit. Diese Krimis schaffen es, entspannte Unterhaltungsliteratur trotz Leiche zu sein. Eine Kunstform, die schon Agatha Christie entwickelte.
Fantasy Cozy Crime
Aktuell gibt es den Trend zurück zu dieser gemütlichen Art der Kriminalliteratur: Dem Cozy Crime. Diese Bücher lassen uns gemütlich Verbrechen zusammen mit der Hauptfigur aufklären, oft mit einem humoristischen Unterton und man kann sich ziemlich sicher sein, dass die Hauptfigur es ohne größeren seelischen oder körperlichen Schaden übersteht. Wichtig ist, dass wir als Leser alle Informationen bekommen, die auch unser Detektiv (egal, ob es sich um ein Schaf oder eine ältere Dame handelt) hat und somit selbst den Fall lösen könnten. Und im Fahrwasser des Cozy Crime entstehen jetzt auch immer mehr Fantasy Cozy Crime Romane, in denen Hexen und Zauberer mit charmanten Sidekicks und witzigen Verwicklungen ermitteln. Also auch echte Krimis zum Wohlfühlen mit einer Spur des Phantastischen.
Fantastische Settings
Neben Fantasy Noir und Fantasy Cozy Crime gibt es noch vielfältige Kriminalgeschichten im phantastischen Gewand. Sie unterscheiden sich meist in den Settings und Umfeldern, in denen die Verbrechen geschehen, zeigen aber alle Kennzeichen eines Fantasy- sowie Kriminalromans. Im Fokus steht mehr noch als die Charaktere das Setting wie zum Beispiel Steampunk, Geisterwelt, High-Fantasy-Welt. Die Besonderheiten des Settings wirken sich dann direkt auf den Fall aus und dadurch entsteht eine besondere Spannung.
Unsere Fantasy-Krimi Leseempfehlungen
Wie wir gesehen haben, teilt sich die Fantasy-Kriminalliteratur in weitere Subgenres auf, weswegen wir auch unterschiedliche Bücher vorstellen wollen. Wem nach Alternate Reality in den 20er Jahren ist, der sollte nach AnarchieDeco von Judith Vogt greifen. Wer AetherPunk liebt, dem empfehlen wir Andere Zeiten von David Pawn.
Ein ganz besonderes Highlight für Fans von Fantasy Cozy Crime und allen, die es werden wollen, ist Angeleckt ist halb gelöst von Cel Silen. Eine Privatdetektivin ermittelt mit ihrem Seelentier, der Ziege Kitty und begegnet in der niederländischen Stadt Gouda skurrilen Gestalten und Suspicious Grandmas.
Diejenigen, die es düster mögen, sind mit den genannten Reihen von Ben Aaronovitch und Jim Butcher gut bedient. Oder sie greifen zur Hollows Reihe von Kim Harrison.
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