Den meisten Menschen aus der Buchbubble muss man den Begriff nicht erklären: Eine Geschichte, bei der die Liebe zwischen zwei männlichen Protagonisten im Vordergrund steht. Nicht alle mögen den Begriff, da es ja nicht immer um Jungen, sondern häufiger auch um Männer geht, aber wir verwenden den Begriff, weil er verbreiteter ist als MlM oder andere. Rund um das Subgenre finden immer wieder Diskussionen aus verschiedensten Gründen statt: Manche verschließen die Augen dafür, dass Liebe zwischen Menschen egal welchen Geschlechts heute zum Glück normal ist (oder sein sollte), einige wehren sich gegen die Objektifizierung und wieder andere bemängeln das Fehlen von Own Voices, da viele BoysLove Romane oder Manga von Frauen für Frauen geschrieben wurden. Dabei ist der Beginn des Subgenres eigentlich bewundernswert.
Von der Heian-Zeit bis heute
Da das BoysLove Genre, so wie es heute existiert, seinen Ursprung in Japan hat, schauen wir nicht, was die Antike bereits an homerotischer Literatur zu bieten hat, sondern springen in Japans Heian-Zeit ( (794-1185). Hier entstand das literarische Werk Genji Monogatari, in dem homosexuelle Charaktere mitspielen, ohne anders behandelt zu werden.
Liebesgeschichten zwischen homosexuellen Männern gab es nicht nur in der japanischen Literatur: Auch im Alltag wurden homosexuelle Paare nicht diskriminiert. Zumindest bi zum Ende der Edo-Zeit (1603-1868), als Japans Kontakt mit den westlichen Ländern sich intensivierte und die Liebe zwischen Männern so wie überall sonst zum Tabu wurde.
Erst mit dem Erstarken der homosexuellen Bewegung in den 1970ern beginnt auch das Genre BoysLove, wie wir es heute kennen, zu entstehen. 1974 wurde der Manga Toma no Shinzō veröffentlicht, der bis heute als erster Manga des BoysLove Genres gilt und von einem Jungen handelt, der sich in das optische Ebenbild eines verstorbenen Freundes verliebt. In den 1990er Jahren kamen dann mit den Manga die ersten BoysLove Geschichten auch nach Deutschland. Damals noch unter dem japanischen Begriff Shonen-Ai.
Anfang der 2000er begann BoysLove dann seinen globalen Siegeszug und überschritt nicht nur die Grenzen von Manga zurück zu den Romanen, sondern auch zu Serien. Gerade in Thailand und Korea werden massenweise BoysLove Liveaction Serien produziert, in dem es neben der Romanze um Familiendramen oder Kriminalfälle geht und in denen von BoysLove ästhetisierte Männerbilder in den Fokus gestellt werden.
Die Zielgruppe von Boys Love
Gerade die ersten Manga aus dem Bereich Shonen-AI wurden von Frauen für Frauen gezeichnet und geschrieben. Lange, bevor das Subgenre auch für den Buchmarkt entdeckt wurde. Der Gedanke dahinter war, dass Frauen nicht mehr mit der schönen Protagonistin gedanklich konkurrieren mussten, sondern zwei hübsche Männer zum anhimmeln bekamen. In dieser Ausprägung von BoysLove spielte tatsächlich das “Coming Out” eine untergeordnete Rolle und die Geschichte spielte in Parallelwelten, in denen das Zusammensein von nicht-hetero Menschen keinerlei Probleme verursachte. Damit spielten viele dieser ersten Manga abseits der Herausforderungen des Alltags offen homosexuell lebender Menschen, der bis heute häufig von Diskriminierungen geprägt ist.
BoysLove Manga, die für Männer geschrieben wurden, erhielten ein eigenes Subgenre: bara (jap. für Rose) oder auch Gay Manga.
Unterstützt Boys Love LGBTQ+ Repräsentation?
Aus dieser ersten Ausrichtung des Genres und der Romantisierung von BoysLove ohne Herausstellung der Probleme, mit denen sich Menschen nach dem Coming-Out beschäftigen mussten, erwuchs an vielen Stellen Kritik. Insbesondere den Schöpferinnen wurde vorgeworfen, kommerzielle Massenware zu erstellen, ohne als “Own Voice” wirklich zu wissen, wovon sie schrieben. Dieser Vorwurf existiert immer noch, doch ist das Genre seither viel vielschichtiger geworden und längst nicht mehr etwas, das nur von Frauen, sondern auch von homosexuellen Männern bedient wird. Gerade die BoysLove Geschichten, die in Light Novels und Romanen angesiedelt sind, beschäftigen sich viel mit den Herausforderungen und tragischen Geschichten. Wodurch viele BoysLove Romane auch nicht eindeutig der Romanze zuzuordnen sind, sondern eher dem Drama. Denn in vielen BoysLove Romanen kriegen die beiden Männer sich am Ende nicht.
Yaoi, Shonen-Ai, Tanbi: Begrifflichkeiten des Genres
Während in Japan BoysLove schon früh BoysLove hieß, hielt sich bei den Manga in Deutschland lange der Begriff Shonen-Ai, was im Prinzip “Jungenliebe” bedeutet. In Japan - und heute auch bei uns - bezeichnet Shone-AI ein Subgenre der BoysLove, wo die Romanze im Vordergrund steht. Auch die Geschichte um die Beziehung nimmt einen wichtigen Teil der Handlung ein. Yaoi hingegen wird für BoysLove Geschichten verwendet, die explizite sexuelle Inhalte widergeben. Auch Tanbi-Romane, in denen es um Beziehungen zwischen älteren und jungen Männern gibt, häufig mit einem Machtgefälle, namen deutlichen Einfluss auf Tropes im BoysLove.
BoysLove meets Fantasy
Was uns natürlich am meisten begeistert, ist, wenn BoysLove auf Fantasy trifft. Interessanterweise passiert das meist nicht als klassische Romantasy, wo der Romantik-Plot im Vordergrund steht. Häufig ist es ein anspruchsvoller Plot, in dem auch eine Romanze zwischen zwei Männern im Vordergrund steht. Beispiele hierfür sind der Cyberpunk-Roman Movitae von Fanny Remus aus dem WunderZeilenVerlag oder auch 7Sorten Schnee von Juri Pavlovic aus dem Amrûn Verlag. Hier steht nicht mehr das Coming-Out im Vordergrund wie in New Adult oder Young Adult Romanen, sondern es wird angenommen, dass in futuristischen und fantastischen Welten ein Weltbild steht, in dem das Geschlecht keine Rolle zwischen Liebenden spielt. So können Fantasy-Schreibende ein Vorbild für unsere Welt erschaffen, in dem sie uns zeigen, wie es bei uns aussehen sollte und wo wir trotz aller Herausforderungen hin wollen. Dieser Aspekt ist ebenso wichtig wie die Herausstellungen der immer noch existierenden Diskriminierungen in Romane, die in unserer Gegenwart spielen.
Auch in der neuen Trilogie Synaptic Shadows von Vinachia Burke und Juliet May, die ab September 2025 im WunderZeilen Verlag erscheint, wird neben einer dystopischen Welt die Beziehung zweier Männer und welche Entscheidungen sie treffen, im Vordergrund stehen.
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